Vom Schandfleck zum Schmuckstueck

Das Wirxel-Haus:


Vom Schandfleck zum Schmuckstück?


Von Sebastian Balint Redakteur , Dattelner Morgenpost , 08. Juni 2021


Seit 1993 steht die Immobilie leer und wurde schnell zum Zankapfel zwischen denen, die das denkmalgeschützte Haus erhalten wollen und denen, die es abreißen wollten.


Das wird so manch ein Dattelner wohl erst glauben, wenn er es mit seinen eigenen Augen sieht: Nach bald 30 Jahren zeichnet sich eine Lösung für das Wirxel-Haus an der Marktstraße 8 ab.

„Uns liegt ein Bauantrag des Eigentümers vor“, sagt Stadtsprecher Dirk Lehmanski auf Nachfrage unserer Redaktion. Für die endgültige Genehmigung würden zwar noch ein paar Unterlagen fehlen. Doch sobald diese vorlägen, sei mit der Erteilung einer Baugenehmigung zu rechnen. Der Eigentümer habe in Aussicht gestellt, nach Erteilung der Genehmigung unverzüglich die Arbeiten am Wirxel-Haus aufzunehmen.

Dieser Anblick könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Der Eigentümer will zeitnah mit den Renovierungsarbeiten am Wirxel-Haus beginnen. © Sebastian Balint (Dattelner Morgenpost)

Haus wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut

Erbaut wurde das schieferverkleidete Fachwerkhaus mit Wintergarten Mitte des 19. Jahrhunderts. Bewohnt wurde es zuletzt von der Ärztin Dr. Magdalena Wirxel (†) , die das Haus noch zu Lebzeiten verkaufte. Dabei soll sie – so berichtete der Sohn des Käufers damals – verschwiegen haben, dass das Haus bereits im Jahr 1985 unter Denkmalschutz gestellt worden war.

Als die Familie nach dem Kauf davon erfuhr, wollte sie den Kauf des architektonisch einmaligen Hauses sogar rückabwickeln. Doch die Ärztin verstarb, und die Käufer-Familie blieb auf der Immobilie sitzen.

800.000 bis 1 Million Euro Renovierungskosten hätten Sachverständige den Käufern in Aussicht gestellt, um die durch den Denkmalschutz erforderlichen Arbeiten durchzuführen. Zu viel, wie der Sohn des Käufers 2013 in einem Interview mit unserer Redaktion sagte.


Dunkle Gestalten entdecken das einst schmucke Gebäude für sich

Was für die Eigentümer zu einem finanziellen Problem wurde, wurde auch für die Innenstadt und viele Dattelner Bürger zum Problem. Denn das einst schmucke Fachwerkhaus verfiel zunehmend, und schon bald entdeckten allerlei dunkle Gestalten die Immobilie für sich.

So kam es wiederholt zu Vandalismus-Schäden. Fenster wurden eingeworfen, und auch im Inneren des Hauses wurde gewütet. Wände wurden besprüht, und sogar ein großer Wasserschaden wurde durch mutwillige Zerstörung herbeigeführt. Für die damaligen Eigentümer kam nur noch ein Abriss oder aber ein Verkauf des Hauses in Frage.

2016 ging das Wirxel-Haus in den Besitz des Unternehmers Franz Prein über. Es vergingen weitere Jahre, in denen sich nichts tat. Und mittlerweile sprachen sich auch immer mehr Dattelner dafür aus, das alte Fachwerkhaus einfach abzureißen und dort etwas Neues hinzubauen.


Vorsitzender des Heimatvereins freut sich „wie ein Schneekönig“

Einer, der sich dafür einsetzte, dass genau das nicht geschieht, war Theo Beckmann, Vorsitzender des Plattdeutschen Sprach- und Heimatvereins Datteln. „Ich bin froh und glücklich“, sagt er auf Nachfrage unserer Redaktion. „Ich freue mich wie ein Schneekönig, dass es gelungen ist, dieses Haus zu retten.“

Noch vor zwei Jahren hatte Beckmann dem Unternehmer Prein ein „mieses Spiel“ unterstellt. Der hatte 2018 eine Teilung des Grundstücks beantragt, um dort – quasi im Garten des Wirxel-Hauses – Eigentumswohnungen zu bauen. Im Gegenzug soll er zugesagt haben, das alte Fachwerkhaus zu restaurieren.

Doch während der Bauphase tauchte das Wirxel-Haus plötzlich im Internet auf und wurde dort zum Preis von 159.000 Euro angeboten. Für Beckmann damals ein Skandal. Irgendwann stand das Haus dann doch nicht mehr zum Verkauf.


Obdachlose schlafen im Wirxel-Haus

Dann wurde es etwas ruhiger um die umstrittene Immobilie. Zwischenzeitlich gab es immer wieder Beschwerden über Personen, die sich im Inneren des Hauses aufhielten, und auch die Vandalismus-Attacken wurden fortgesetzt.

Zuletzt sollen Obdachlose die Nächte im Wirxel-Haus verbracht haben, berichtet ein Leser der Morgenpost. Er sorge sich um die Sicherheit für die Bewohner der umliegenden Häuser. „Die Gefahr für die benachbarten Wohnhäuser ist im Brandfall sehr groß“, schreibt er.

Kurze Zeit später handelte der Eigentümer und ließ die Zugangstür des Hauses vernageln. Mit der Folge, dass die ungebetenen Gäste sich nun vor dem Haus aufhalten und dort zum Ärger unseres Lesers ihren Müll liegen lassen. Und das, „obwohl an der benachbarten Bushaltestelle Müllbehälter aufgestellt sind“, beschreibt er die Situation vor Ort. Doch damit dürfte bald Schluss sein. Denn sobald die Renovierungsarbeiten am Wirxel-Haus beginnen, dürfte es dort merklich unruhiger werden.

Theo Beckmann sagt, er freue sich schon jetzt auf die Fertigstellung des altehrwürdigen und architektonisch außergewöhnlichen Hauses. „Auch“, so Beckmann, „wenn dafür Teilbefreiungen vom Denkmalschutz verbunden sind“. Im vergangenen Jahr habe es einen Ortstermin mit der ausführenden Architektin aus Lemgo gegeben, erinnert sich Beckmann. „Eine absolute Fachfrau auf dem Gebiet“, lobt der Chef des Heimatvereins.

Bei diesem Termin habe er großes Vertrauen in die Pläne des Eigentümers und seiner Architektin gewonnen. „Die Befreiungen vom Denkmalschutz betreffen zum Beispiel die Gauben“, sagt Beckmann. „So soll mehr Platz für die Wohnräume gewonnen werden und sie sollen lichtdurchfluteter werden.“

Zur geplanten Dauer der Renovierungsarbeiten kann der Stadtsprecher aktuell nichts sagen. Er weiß aber, das Wirxel-Haus soll auch in Zukunft wieder als Wohnhaus genutzt werden.

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