Gemüse aus regionalem Anbau
Die SoLaWi Lippeauen Bork ist erreichbar:
Adresse
Waltroper Str. 140
59379 Selm-Bork
Öffnungszeiten
Noch gibt es keine geregelten Öffnungszeiten…Wir hoffen, das ändert sich bald!
Ein Interview mit Anne Reygers findet sich hier:
Der folgende Artikel stand in der Waltroper Zeitung vom 22. Juli 2024
Schneckenplage, Klima-Extreme
Doch Solawi-Macher zwischen Waltrop und Selm bleiben Optimisten
Von Christine Horn Redakteurin , Waltroper Zeitung , 22.07.2024
Bei der „Solidarischen Landwirtschaft Lippeauen Bork“ herrscht derzeit Haupterntezeit. Viele Waltroper und Dattelner beziehen von dort ihr Gemüse. Ein Besuch.
Bei unserem Besuch an diesem Morgen leuchten die Stiele des Mangolds in den schönsten Farben. Die Tomaten – sechs verschiedene Sorten werden angebaut – sind noch grün. Wenn es jetzt sonnig bleibt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, dass auch sie geerntet werden können. Die knackigen Blätter der Salate in jeglicher Farbe, Form und jedem Wachstumsstadium lassen den Betrachter das Abendessen ausmalen. Eine schöne Vinaigrette, dazu ein paar Kräuter – das ist bei der Hitze ein schöner Snack.
„Insgesamt 65 Gemüsesorten pflanzen wir hier an“, erzählt Anne Reygers. Die 44-Jährige ist Agrarbetriebswirtin und lebt mit ihrer Familie in den Lippeauen in Bork auf einem Hof, der 1842 erbaut wurde, direkt an der Stadtgrenze zu Waltrop. Die Anbaufläche hat eine Größe von zwei Hektar.

Anne Reygers ist Agrarbetriebswirtin. Auf ihrem Hof in den Lippeauen an der Stadtgrenze von Waltrop und Selm wird die "Solidarische Landwirtschaft" betrieben. © Christine Horn
Anne Reygers ist bei dem 2018 gegründeten Verein Solidarische Landwirtschaft (Solawi) Lippeauen Bork angestellt. Genauso wie drei Gemüsegärtner, die nach Tarif bezahlt werden. Das zu betonen, ist der Vereinsführung wichtig. In diesem Jahr unterstützt auch Janis aus Frankreich, der ein freiwilliges, ökologisches Jahr in Deutschland absolviert.
Das Solawi-Prinzip funktioniert so: Die Abnehmer, im Fachjargon heißen sie Ernteteiler, verpflichten sich für ein Jahr, jede Woche eine Erntekiste abzunehmen. „Alles was freitags zwischen 16 und 18 Uhr und samstags zwischen 10 und 12 Uhr abgeholt wird, war am Morgen noch auf dem Feld“, verspricht Anne Reygers den entscheidenden Frische-Vorteil. „Wenn ich im Laden eine rote Tomate kaufe, dann wurde sie viele Tage zuvor noch unreif geerntet. Beißt man aber in eine Tomate rein, die noch vor wenigen Stunden an der Rispe hing und rot geerntet wurde, dann hat sie einen ganz besonderen Geschmack.“

Rund 40 Prozent der Jungpflanzen zieht die Solawi selbst vor. Der Rest wird beim Berghof in Dortmund eingekauft.
© Christine Horn
Benötigtes Jahresbudget liegt bei 130.000 Euro
Wie viel die Ernteteiler monatlich zahlen? „Wir benötigen ein Jahresbudget in Höhe von 130.000 Euro, 100 Ernteteiler können wir im Schnitt bedienen. Derzeit liegt der Schnitt bei 109,45 Euro monatlich. Aber wenn im November die Ernteteiler zusammenkommen, um sich für das stets am 1. März beginnende Erntejahr anzumelden, dann schreibt jeder geheim auf einen Zettel, was er zahlen kann. Dann gibt eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern zum Beispiel 90 Euro an, der oder die Gutverdienende dann auch von sich aus 130 Euro. Das ist gelebte Solidarität“, erläutert Anne Reygers.
Unter gewissem Druck stehe der Verein schon: „Denn wir müssen abliefern – Woche für Woche.“ Ausgegeben wird dann das, was zur Verfügung steht. Diesmal werden dies Mangold, Chinakohl, Brokkoli, Rote Beete, Schnittlauch, Petersilie, Gurken und Zucchini sein.

Hier können die „Ernteteiler“ ihre Kräuter selber ernten.
© Christine Horn
Das Gemüse wird ausgelegt. Auf einer Tafel steht, wer sich wie viel in die Kiste packen darf. „Und wir haben einen Tauschbereich. Dort kann ich etwas ablegen, was ich partout nicht mag, mir dafür aber etwas anderes nehmen“, erläutert Anne Reygers.
Dass es aber keine rosarote Bullerbü-Idylle ist, schildert Anne Reygers auch. „Wir haben in diesem Jahr ein wirkliches Schnecken-Drama. Die haben uns soviel weggefressen. Wie zum Beispiel zu Beginn die Zucchini. Absammeln, wie es die Hobbygärtner machen, können wir auf diesem großen Areal nicht.“ Mit welchen Mitteln begegnen sie den glitschigen und vor allem gefräßigen Tieren? „Es gibt zum Glück ein Schneckenkorn, das im Biolandbau zugelassen ist. Wir haben jetzt in zwei Monaten mehr gebraucht als in den fünf vorherigen Jahren. Zudem verzichten wir in diesem Jahr darauf, die Beete zu mulchen. Das tut man ja unter anderem dafür, dass die Feuchtigkeit im Boden bleibt. Aber das ist der ideale Rückzugsort für die Schnecken, dann hätten wir noch einmal Millionen mehr. Zudem mähen wir die Kleegraswege sehr kurz, denn auch dort fühlen sie sich sehr wohl.“

Ende der Woche können sich die Ernteteiler ihre Kiste abholen. Auf der Tafel steht, wie viel sie einpacken dürfen. © Privat
Die sandigen Böden in den Lippeauen haben den Vorteil, dass Pflanzen dort gut wurzeln können. Und das – so wie im vergangenen regenreichen Jahr – das Wasser vergleichbar gut abläuft und keine Staunässe entsteht. Aber: Dann wachsen nicht nur die Nutzpflanzen, sondern auch das Unkraut. In Dürreperioden wiederum heißt es: wässern, wässern, wässern.
Zudem gilt es, den Kohlweißling durch spezielle Netze von den Kohlpflanzen weg- und den Kartoffelkäfer im Zaun zu halten. Das bedeutet taktisch überlegtes Handeln, mehr Aufwand und Stress.
Dann deutet Anne Reygers auf einen Blühstreifen hin. Dort wachsen ganz unterschiedliche Sommerblumen. „Die dürfen sich die Ernteteiler dann selber pflücken – die gibt es on top dazu“, erzählt sie und hofft zugleich, dass sich auch mehr Ernteteiler melden, um beim nächsten Helfertreffen das Unkraut zwischen den Nutzpflanzen zu entfernen.

So sieht erntereifer Mangold aus. © Christine Horn
Trockenheit hier, Regen dort, Schnecken-Drama und die sich ausbreitende, kriechende Hirse. Und zurückhaltende Erntehelfer aufgrund der weltweiten Krisen. Doch wenn Anne Reygers über die Felder schaut, kommen auch viele schöne Gedanken. So wie das Mangold-Quiche-Rezept oder der Tipp, wie man mit einem nassen Leinenbeutel Blattgemüse lange haltbar macht. Besonders glänzen ihre Augen beim Anblick auf die „Flower Sprouts“, die es Richtung Januar, Februar von den Lippeauen gibt. „Das ist eine Mischung aus Rosen- und Grünkohl. Die sind super beliebt, auf dem Markt kostet ein Kilo 30 Euro, in einem Laden habe ich sie noch nicht gesehen.“
Waltroper Zeitung vom 22.07.2024

Die Pflanzen in dem 300 Quadratmeter großen Folientunnel erhalten täglich 1000 bis 2000 Liter Wasser. © Christine Horn
DATTELN. Die Solidarische Landwirtschaft Lippeauen startet voller Elan ins zweite Jahr. Aber die Corona-Krise geht nicht spurlos an dem Projekt vorbei.
Von Tamina Forytta, Dattelner Morgenpost, 27. April 2020
Stielmus und Schnittlauch, die neben Salatköpfen und Radieschen in den Erntekisten liegen, haben schon ein paar Blüten bekommen. Aber so ist das in der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) Lippeauen: Hier wird verteilt, was Acker, Wetter und Natur gerade hergeben. Außerdem: Die Schnittlauch-Blüten kann man prima essen oder einfach in die Blumenvase stellen - und in den Wettbewerb um äußerlich makelloser Supermarkt-Ware zu treten, ist hier ohnehin nicht das Ziel.
Im zweiten Jahr läuft das Projekt auf dem Hof hinter der Lippe an der Stadtgrenze zwischen Waltrop und Selm-Bork – und es läuft prächtig. 91 Ernteteiler machen derzeit mit: aus Selm, aber auch aus Waltrop, Datteln, Olfen oder Lünen. 82 waren es im vergangenen Premieren-Jahr . Ernteteiler, das sind die Mitglieder der SoLaWi, die jeden Monat einen Geldbetrag zahlen, wovon Saatgut, Geräte, Versicherungen bezahlt werden – und der Lohn fürs Gärtner-Team. Das ist für viele ein wichtiger Grund, sich an der SoLaWi zu beteiligen. Denn sie alle – das Gärtner-Pärchen Laurin, ein studierter Öko-Landwirt, seine Freundin Birte, die Gemüse-Gärtnerin ist, außerdem Öko-Landwirtin Anne Reygers, die die SoLaWi Lippeauen Bork maßgeblich vorangebracht hat, und neuerdings Ulli, der mit in der Hofgemeinschaft an der Waltroper Straße lebt und gelernter Tischler ist – bekommen Tariflohn. Das ist wichtiges Prinzip der SoLaWi. Denn Acker-Arbeit ist harte Arbeit, und das Gemüse soll hier seinen wahren Wert wieder zurückbekommen.
Nervös gespannt waren sie, bevor es Ende 2018 richtig losging mit dem Projekt. Doch das erste Jahr hatte nur wenig Rückschläge parat. Auberginen mögen den Acker der SoLaWi nicht. Stattdessen gab es jede Menge motivierende Momente. „Es gibt bei uns ein paar Rentner, die stehen jeden Freitag um 7 Uhr auf der Matte und sind ganz heiß aufs Ernten“, erzählt Anne Reygers lachend. Das Team „Querbeet“ hat sich außerdem gegründet, das die Planung in die Hand genommen hat – unter anderem der Aktionstage. An diesen Aktionstagen packen alle mit an, bringen ihre Fähigkeiten mit ein in die SoLaWi. Wegen der Corona-Krise sind diese Aktionstage zurzeit zum Bedauern der „SoLaWista“ nicht möglich. „Querbeet“ tagt daher per Videokonferenz. Sonst gehören Aktionstage fest zum Konzept. Die Entstehung, das Wachsen und Gedeihen, auch mal eine Missernte oder andere Schwierigkeiten mitzubekommen – wie etwa, dass unendlich viel in Bewässerung investiert werden musste, im vergangenen, aber auch schon wieder in diesem Jahr. Gemüse eben nicht als fertiges Produkt zu erleben, das im Supermarktregal stets und unbegrenzt zur Verfügung steht – das ist eine Kernidee der SoLaWi.
Üblicherweise steht auf einer Kreidetafel, wie viel von welchem Gemüse jedem zustehen, und die Ernteteiler holen ihre Ration selbst aus den Regalen und wiegen ab. Zurzeit gibt es Corona-bedingt fertig gepackte Kisten.