Sicherer Fahrrad fahren

Sicherer, leichter, entspannter Fahrrad fahren 

Unsere Radtour Ende April zu den Problemstellen im Dattelner Stadtgebiet kann nicht folgenlos bleiben. Es ist längst überfällig, Anträge an den Verkehrsausschuss der Stadt Datteln zu stellen, mit dem Ziel, die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen, Ärgernisse abzustellen, unter denen Radfahrer leiden oder aber grundsätzliche Erleichterungen für Radfahrer im Stadtgebiet zu schaffen.
In diese Richtungen zielen die drei Anträge, die wir jetzt in den politischen Prozess eingebracht haben. Nun hören wir aus dem Rathaus, dass die Mai-Sitzung des Ausschusses „mangels Masse“ abgesagt worden sei. Die Themen Datteln 4 und Radfahren sind offenbar keine Schwerpunktthemen in den Augen derer, die verantwortlich sind für das Einberufen der Gremien. Hier bewahrheitet sich die alte Weisheit erneut: Die Verwaltung ist eine Schnecke, die sich nicht zur Eile treiben lässt.
Die Ein- und Ausfahrten zum Recyclinghof an der Emscher-Lippe-Straße sind farblich nicht gekennzeichnet, während der Radweg vorm neuen Aldi-Lager vorbildlich rot markiert ist.
Es wird also Anfang Juli, bis sich die Ausschussmitglieder damit befassen können, die unsichere Radwegverbindung an der Emscher-Lippe-Straße durch farbliche Kennzeichnung zu entschärfen. Auch über die neue Ampelschaltung am Südring werden sich die Radfahrer wohl noch Monate ärgern müssen. Und wir können nur weiter davon träumen, in Einbahnstraßen als Radfahrer auch gegen die Fahrtrichtung fahren zu dürfen. Schlussendlich bis ein Ortstermin an der Hafenstraße denkbar wäre, ist die Sommerpause schon vorbei. (Dabei weiß der Verwaltungschef durch Dr. Steinhaus seit einem Jahr um die prekäre Situation an der Post,)

Die Fraktion der Wählergemeinschaft Die Grünen beantragt gemäß § 3, Abs. 1 Geschäftsordnung für den Rat der Stadt Datteln und seine Ausschüsse die folgenden Anträge zur Beratung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt, Bauen und Verkehr:
Antrag 1:
Straßen NRW wird aufgefordert, die Ampelschaltung am Südring an der Gertrudenstraße, Heibeckstraße und Hafenstraße fahrradfreundlich zu gestalten.


Begründung:
Nach Abschluss der Bauarbeiten muss man sich als Radfahrer beim Befahren des recht angenehmen Radweges entlang des Südrings stets ärgern, weil man von den neuen Ampelanlagen ausgebremst wird. Normalerweise sollte man glauben, dass man – ebenso wie Autofahrer, die den Südring in gleicher Richtung befahren – zügig sein Ziel erreicht.
1. Ärgernis: Fußgänger und Radfahrer bekommen nicht mehr automatisch grün, wenn die Fahrtrichtung für Autos freigegeben wird. Wenn der Radfahrer nicht den Anforderungsknopf gedrückt hat, erhält er kein grünes Licht. Warum das so ist, erschließt sich dem normalen Menschenverstand nicht.
2. Ärgernis: Die Grünphase für Autofahrer betragt an der Gertruden- und Heibeckstraße ca. 55 Sekunden, für Fußgänger und Radfahrer jedoch nur 10 Sekunden, d.h. während die Fahrtrichtung für den motorisierten Verkehr weiterhin freigegeben ist, schaut sich der Radfahrer verdutzt um und versteht die Welt nicht mehr. Vielen Radfahren fehlt offensichtlich die Einsicht in diese kurze Grünphase, denn bei unseren Fahrten konnten wir vielfach beobachten, dass sie sich die fahrenden Autos zum Vorbild nehmen und – parallel zum fahrenden Vekehr - ebenfalls die Kreuzung queren, trotz des roten Signals.

Nachtrag: Die Grünphasen für Radfahrer werden jetzt parallel zum Fahrzeugverkehr und ohne die Anforderungstaste zu betätigen  freigegeben.
Antrag 2:
1. Der Radweg auf der Emscher-Lippe-Straße in Richtung Dortmund-Ems-Kanal ist an der Zu- und Ausfahrt zum Recycling-Hof der Stadt Datteln farblich durchgehend zu kennzeichnen.
2. Die gefährlichen – weil längsgerichteten - Regenabflusssteine in der Martin-Luther-Straße sind durch ein sichereres System zu ersetzen.
3. Zur Überprüfung der unsicheren Situation für Fußgänger und Fahrradfahrer im Bereich der Post (Hafenstraße zwischen der Lohstraße und der Genthiner Straße) führt der Ausschuss vor seiner nächsten Sitzung einen Ortstermin durch.


Begründung:

Zu 1)
Auf der Emscher-Lippe-Straße, vorbei am Kreisverkehr gibt es Interessantes zur Dattelner Farbenlehre zu beobachten. Der Radweg ist hier zunächst gelb gekennzeichnet. An einer Grundstückszufahrt (Aldis neues Logistik-Zentrum) findet man eine deutliche rote Markierung, weil querende Kraftfahrer auf Radler aufmerksam gemacht werden sollen. Die nächsten Zu- bzw. Ausfahrten am Recycling-Hof der Stadt Datteln sind jedoch in schlichtem Straßengrau gehalten – so als wollte man Autofahrern signalisieren, dass sie hier Vorrang haben und der Radweg unterbrochen ist.

Zu 2)
Wenn man als Radfahrer von der Castroper Straße in die Martin-Luther-Straße einbiegt, glaubt man eine Renaissance der Straßen-bahnschiene zu erleben. Parallel zur Fahrbahn verläuft eine Rinne, die zumindest schmalen Reifen zum Verhängnis werden kann.
Zu 3)
Bei ihrer Testfahrt am 28. April hatten die Teilnehmer der Fahrt den Eindruck, dass die Beschilderung in diesem Bereich unklar bzw. falsch ist. Die Farbgestaltung der Pflasterung vor dem Eingang zur Post ist wenig hilfreich, Fußgängern zu signalisieren, dass sie ständig mit Radfahrern (aus beiden Richtungen?) rechnen müssen.
Unglücklich ist zudem die Position des nahe liegenden Wartehäuschens für den Bus an der Hafenstraße östlich der Genthiner Straße.

Nachtrag: Der Radweg auf der Emscher-Lippe-Straße soll an der Zu- und Ausfahrt zum Recycling-Hof der Stadt Datteln rot gekennzeichnet werden. Die Überprüfung der Situation für Fußgänger und Fahrradfahrer im Bereich Hafenstraße zwischen der Lohstraße und der Kreuzung am Ring wird einem unabhängigen Büro übertragen.
Antrag 3:
Das Fahrradfahren in Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung wird in Datteln grundsätzlich erlaubt.

Begründung:

„Jede Einbahnstraße im innerörtlichen Gebiet ist darauf zu untersuchen, ob es gewichtige, belegbare Gründe gibt, den Radverkehr in die Einbahnregelung mit einzubeziehen. Können diese Gründe nicht aufgezeigt werden, ist in der Einbahnstraße das Radfahren in beiden Richtungen zuzulassen. Einbahnstraßen, die auch Radfahrer nur in Einbahnrichtung befahren müssen, stellen den rechtlichen Ausnahmefall dar. So entsteht ein dichtes Netz von Verbindungen und Abkürzungen, welches die Nutzung des Fahrrads effektiv fördert.“ (VCD)
Ohne Sonderzeichen dürfen Einbahnstraßen – egal von welchem Fahrzeug – nur in Richtung des weißen Pfeils auf dem Einbahnstraßenschild befahren werden. Es gibt aber die Möglichkeit, ja die Verpflichtung, dass Radfahrern die Benutzung der Einbahnstraßen auch in entgegengesetzter Richtung erlaubt wird.
Solche freigegebene Einbahnstraßen gibt es in Datteln bereits: die Körtlingstraße und die kleine Verbindungsstraße zwischen der Pevelingstraße (bei Danielsmeier) und dem Südring (als unechte Einbahnstraße). In diese Straßen dürfen Radfahrer in beide Richtungen einfahren.
Damit Kraftfahrer nicht von den entgegenkommenden Fahrrädern überrascht werden, informiert sie ein Zusatzzeichen. Unter dem Einbahnstraßenschild zeigt es ein schwarzes Fahrrad auf weißem Grund. Darunter sind zwei Pfeile in entgegengesetzten Richtungen zu sehen. Das heißt: Der Radverkehr ist in beiden Richtungen zugelassen.
In Datteln gibt es zwei weitere Einbahnstraßen, für die die Neuregelung eine Änderung bedeuten würde: die Hachhausener Straße zwischen Neumarkt und Ohmstraße und die Mozartstraße zwischen Flotowstraße und Schürenheck.
Das macht Sinn: Wenn Radfahrer in diesen Einbahnstraßen gegen die eigentliche Fahrtrichtung einfahren dürfen, können sie sich auf diese Weise unnötige Umwege ersparen. Natürlich müssen die Radfahrer in freigegebenen Einbahnstraßen auf den Gegenverkehr achten, denn – vor allem in der Umstellungsphase - rechnen nicht alle Verkehrsteilnehmer damit, dass ihnen jemand entgegenkommt.

Die geöffnete Einbahnstraße ist eine sichere Sache. Denn: Auch wer gegen den Strom radelt, muss sich an die Verkehrsregeln halten - rechts fahren und die Vorfahrt achten. Alle Erfahrungen andernorts waren positiv: In vielen Städten haben die geöffneten Einbahnstraßen ihre Bewährungsprobe längst bestanden. Allen Unkenrufen zum Trotz gab es keine Unfälle aufgrund der Öffnung für Radfahrer.

Nachtrag: Der Verkehrsausschuss hat es abgelehnt, die Einbahnstraßen in Datteln für Radfahrer in Gegenrichtung zu öffnen.
Anlage: Stellungnahme des Verkehrsclub Deutschland (VCD)
Radverkehr in Einbahnstraßen
Über die „Freigabe von Einbahnstraßen“ für das Radfahren

Radfahren schont das Klima. Radfahren ist leise. Radfahren erzeugt keine Abgase. Radfahren hält gesund. Wer mit dem Rad einkauft, stärkt den Handel im Ort und trägt zur wirtschaftlichen Belebung der Innenstadt bei. Es gibt viele Gründe, das Radfahren zu fördern. Das hat die Politik auch schon lange erkannt, aber selten umgesetzt.
Eine der Möglichkeiten zur Förderung ist, Radfahrer von Einbahnregelungen auszunehmen. Radverkehr ist umwegempfindlich. Stehen lange Umwege an und wird der Weg dadurch zu umständlich oder zu weit, bleibt das Rad stehen und ein anderes, umweltschädlicheres Verkehrsmittel wird an seiner Stelle genutzt.
Dabei gibt es in den meisten Fällen keinen sachlichen Grund, den Radverkehr auch der Verkehrsbeschränkung „Einbahn“ zu unterwerfen. Weder Verkehrsberuhigung noch zu enge Straßen - die häufigsten Gründe für Einbahnregelungen - betreffen das Radfahren. Radverkehr hat keine störenden Auswirkungen und braucht nur wenig Platz.
Auch die Unfallzahlen sprechen für Radverkehr gegen die Einbahnrichtung. In zahlreichen Städten wurden seit Jahrzehnten nur positive Erfahrungen gemacht. Die Unfallzahlen in Radverkehr gehen durch „Freigabe der Einbahnstraße in Gegenrichtung“ sogar zurück(1). Die Erfahrungen haben auch gezeigt, dass sich die Verkehrsteilnehmer selbst auf engstem Raum arrangieren. Dazu genügen gelegentliche Ausweichstellen.

Der Verordnungsgeber hat diese Erkenntnisse in seiner Novelle vom September 2009 berücksichtigt und die Voraussetzungen für die Einbahnstraßenfreigabe stark vereinfacht(2):
  • Es gibt nun keine Mindestbreite mehr - außer bei Linienbus- oder starkem Lkw-Verkehr. Die nicht näher bestimmte „ausreichende Begegnungsbreite“, die an kurzen Engstellen noch unterschritten werden darf, kann selbst in Straßen, an denen beidseitig geparkt wird, knapp über drei Meter betragen. Das demonstriert u. a. das Beispiel der Heiliggeistgasse in Passau tagtäglich. Die Fahrzeugführer im Gegenverkehr arrangieren sich und kommen problemlos aneinander vorbei.
  • Übersichtlichkeit der Straße, insbesondere an Kreuzungen und Einmündungen ist eine weitere, wichtige Voraussetzung. Allerdings kann sie notfalls auch mit Hilfsmitteln wie Verkehrsspiegeln hergestellt werden.
  • Weitere Hilfsmittel wie markierte oder baulich abgetrennte „Schutzräume“ an Einmündungen, Kreuzungen und dem Anfang der Einbahnregelung sind ausdrücklich zulässig.
  • An die überschaubare Strecke sind aufgrund der ohnehin in Einbahnstraßen eher geringen Fahrgeschwindigkeit keine überzogenen Voraussetzungen zu stellen. Die durch Zeichen erkennbare Freigabe der Einbahnstraße gebietet es Fahrzeugführern, auf Gegenverkehr zu achten und nötigenfalls entsprechend langsam und vorsichtig zu fahren.
  • Die in der Verwaltungsvorschrift ebenfalls genannte Voraussetzung, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht mehr als 30 km/h betragen darf, liegt in der Regel in Einbahnstraßen bereits vor. Ansonsten sollte darüber nachgedacht werden, da alleine schon zur Wahrung der Verkehrssicherheit in einer schmalen Straße eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeiten geboten ist.
Ermessen oder Verpflichtung?
Die Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 220 nennt zwar eine „Kann-Regelung“, stellt also die Freigabe in das Ermessen. Dieses Ermessen findet aber seine Beschränkung in § 45 Abs. 9 StVO, der Verbote des fließenden Verkehrs nur dort erlaubt, wo „auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt“.
Den fließenden Radverkehr in einer Richtung zu verbieten ist damit nur bei Vorliegen einer besonderen, das allgemeine Verkehrsrisiko übersteigenden Gefahrenlage zulässig. Da Radverkehr in beiden Richtungen regelmäßig die Unfallzahlen nicht erhöht, sondern sogar senkt, wäre für eine Einbahnstraße unter Einbeziehung des Radverkehrs im Einzelfall nachzuweisen, dass hier wirklich eine atypische, besondere Situation gegeben ist. Ansonsten ist das Verbot des Radverkehrs in einer Fahrtrichtung rechtlich unzulässig

Zusammenfassung

Jede Einbahnstraße im innerörtlichen Gebiet ist darauf zu untersuchen, ob es gewichtige, belegbare Gründe (3) gibt, den Radverkehr in die Einbahnregelung mit einzubeziehen. Können diese Gründe nicht aufgezeigt werden, ist in der Einbahnstraße das Radfahren in beiden Richtungen zuzulassen. Einbahnstraßen, die auch Radfahrer nur in Einbahnrichtung befahren müssen, stellen den rechtlichen Ausnahmefall dar. So entsteht ein dichtes Netz von Verbindungen und Abkürzungen, welches die Nutzung des Fahrrads effektiv fördert.

Autor:
Bernd Sluka
bernd.sluka@vcd-bayern.de
Kontakt:
VCD Landesverband Bayern e.V.
Hessestraße 4
90443 Nürnberg
info@vcd-bayern.de
http://www.vcd-bayern.de/

Anmerkungen:
1  vgl. Alrutz, Hein: Sicherheit des Radverkehrs in Erschließungsstraßen, BASt, 1997
2  Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 220 StVO - in der geltenden Fassung vom 2009-10-01, BAnz. Nr. 110 vom 2009-07-29, S. 2598
3  z.B. eine unübersichtliche, kurvige Streckenführung, Fahrbahnbreiten, bei denen Autos und Fahrräder im Gegenverkehr physikalisch nicht aneinander vorbei kämen, ohne dass es auf viele hundert Meter eine Ausweichstelle gäbe

http://www.vcd-bayern.de/texte/Einbahn.pdf
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