Neue Spekulationen um Datteln4

Neue Spekulationen um Datteln 4

12.10.2018
Datteln 4 sei in Gefahr, Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) mache beim Kohleausstieg Nägel mit Köpfen: er wolle offenbar auf den Anschluss des Steinkohlekraftwerks Datteln 4 verzichten, berichtet die Recklinghäuser Zeitung (mit ihren fünf Lokalausgaben) in ihrer Ausgabe vom 12. Oktober 2018.

Wie viel Wahrheit steckt nun in dieser Meldung?


Die Autorinnen Antje Höning und Birgit Marschall arbeiten für die Düsseldorfer Rheinische Post. Sie berufen sich auf gewöhnlich gut unerrichtete Parlaments- und Branchenkreisen und auf Informationen aus Kreisen der Kohlekommission. https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/die-bundesregierung-erwaegt-ein-sehr-modernes-kohlekraftwerk-auszumustern_aid-33625197

Antje Höning, die die Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post leitet, hält den Verzicht auf das moderne Steinkohlenkraftwerk Datteln 4 für plausibel, „da er technisch einfacher möglich sei sei und davon deutlich weniger Arbeitsplätze betroffen wären als bei der Braunkohle. In Kraftwerken und Tagebauen im rheinischen Revier arbeiten 10.000 Mitarbeiter, in denen der Lausitz 8000. In Datteln sind derzeit 500 Mitarbeiter auf der Baustelle tätig, künftig werden es 88 in der Betriebsmannschaft sein.“
Ebenso plausibel hält sie das Angebot der Bundesregierung, kurtzfristig auf 5000 Gigawatt Braunkohlestrom zu verzichten. Denn die Union habe in den Jamaika-Koalitionsverhandlungen mit der FDP und den Grünen von sich aus ebenfalls die Abschaltung von fünf Gigawatt angeboten. Am Ende hätte man sich mit den Grünen auf sieben Gigawatt Braunkohle geeinigt, die sofort vom Netz gehen sollten.
Dass beim Düsseldorfer Versorger Uniper, dem das Steinkohlekraftwerk in Datteln gehört, die Alarmglocken schrillen sollen, ist nachvollziehbar. Wie es wirklich um den inneren Zustand der Schrottimoobilie am Dortmund-Ems-Kanal in Dattel steht, gibt Uniper natürlich nicht preis. Die Spatzen pfeifen es aber vom Dach des gedrungenen Kesselhauses: Der Aus- und Eibau der maroden 8000 Quadratmeter Kesselwand gestalten sich in dem engen Keselhaus schwieriger, als die Techniker dies zu Beginn der Sanierungsarbeiten angenommen hatten.

Die Erfahrung lehrt: Je forscher ein Unternehmen seine Stärke und nach außen präsentiert, desto größer sind die internen Schwierigkeiten. Kürzlich durfte einer der größten Befürworter des Schwarzbaus einen Blick auf die Sanierungsarbeiten werfen und eine überschwängliche Lobeshymne über den unermüdlichen Einsatz der Ingenieure und Bauarbeiter auf der Dattelner Baustelle veröffentlichen.  http://www.dattelner-morgenpost.de/staedte/datteln/45711-Datteln~/Kraftwerk-Datteln-4-8000-Quadratmeter-Kesselwand-ab-auf-den-Schrott;art1008,2262302
Interessant ist auch die Schlusspassage des Artikels: „Die Politik wird ein konkretes Ausstiegsjahr verabreden, so steht es auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Das weiß auch Uniper.“ Uniper-Vorstand für das operative Geschäft Eckhardt Rümmler macht klar, wo die Schmerzgrenze liegt: „Allerdings werden wir einer faktischen Laufzeitbegrenzung von Datteln 4 keinesfalls zustimmen, wenn wir nicht im Gegenzug eine gesicherte Rechtsposition erhalten. Dies sind wir unseren Mitarbeitern und Aktionären schuldig.“ Hier bettelt er quasi um eine rechtssichere Ausstiegsklausel für Datteln 4 – sicherlich verbunden mit einer akzeptablen Schadenersatzregelung für den entgangenen Gewinn. Wir kennen das Verfahren ja bereits vom Atomausstieg.

Und wir sollten nicht vergessen: Nach unserer Rechtsauffassung endet die vom Regierungspräsidenten erteilte Baugenehmigung am 19. Juli 2019. Bekanntlich hatte Eon in einem Vertrag mit der Stadt Datteln versichert, das Kraftwerk in 30 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung fertig zu stellen und in Betrieb zu nehmen. Sollte sich die Inbetriebnahme des Kraftwerks über diesen Termin hinaus verzögern, ist der Rat der Stadt Datteln wieder am Zuge und kann eine Verlängerung dieser Frist beschließen, wenn er diesen Schritt dann für opportun hält.
Ein Baustopp aufgrund juristischer Auflagen würde diese Frist sicherlich verlängern, weil dies nicht dem Unternehmen angelastet werden kann. Doch einen durch Klagen verursachten Baustopp hat  es seit der Erteilung der Baugenehmigung am 19. Januar 2017 nicht gegeben. Die Bezirksregierung hatte ja „sofortigen Vollzug“ angeordnet, die Gerichte hatten eine Eilentscheidung nicht für notwendig empfunden. Keine der drei anhängigen Klagen hat eine aufschiebende Wirkung
Verzögerungen aufgrund technischer Mängel muss man deshalb allein der Uniper SE zurechnen – denn dies sind Mängel, mit denen das Unternehmen hätte rechnen müssen, weil das Problem mit dem sog. Wunderstahl spätestens seit 2011 bekannt ist, als in Duisburg-Walsum, wo die Evonik-Tochter Steag ein gigantisches Steinkohlekraftwerk fertig gebaut hat, Risse in den Schweißnähten des Dampfkessels aufgetreten waren.
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