Haushalt 2024

Vertane Chancen der Stadtentwicklung

Warum wir den Haushalt ablehnen müssen

von Marco Zerwas, Wählergemeinschaft Die Grünen

21.02.2024


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt Datteln, sehr geehrte Besucher*innen hier vor Ort und im Stream!


Hinter uns und absehbar vor uns liegen extrem herausfordernde Jahre. Corona, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die anhaltende Energie- und Rohstoffkrise, die restriktive Zinspolitik zur Eindämmung der anhaltenden Inflation, Fachkräftemangel auf der einen, erste Entlassungswellen auf der anderen Seite.


Dazu die immer schwerer abzuwendende Klimakrise und die weltweite Zunahme geopolitscher Spannungen. Nicht nur in Europa – wie zuletzt in den Niederlanden – spüren wir den zunehmenden Nationalismus und Rechtspopulismus … auch wenn Polen einen deutlichen Lichtblick sendet. Immer mehr Menschen leiden unter den dramatischen Folgen der Kriege, sind auf der Flucht oder haben keine Perspektive, weil die Folgen der Klimaerhitzung ihre Heimat bedroht. Die Welt befindet sich im Dauerstress, immer mehr Menschen sind unter den ungekannten Belastungen erschöpft.


Dazu stehen wir vor tiefgreifenden Veränderungen. Es geht um die grundlegende Transformation der Energie- und Verkehrswende, um die Digitalisierung, Bürokratieabbau und die Auswirkungen des demografischen Wandels.


Und so wundert es nicht, dass die multiple Krisenlage und die zunehmenden Aufgaben voll auf den Haushalt durchschlagen und die Defizite für 2024 im Vergleich zum Haushaltsplanentwurf nochmals angestiegen sind.


Trotz des zu erwartenden guten Ergebnisses beim Jahresabschluss 2023 mit einem voraussichtlichen Überschuss statt einem Saldo von 33 Mio. EUR und des schon im letzten Jahr vorsichtig angelegten Haushaltes, erwarten uns bis 2027 jährlich erhebliche Haushaltsdefizite von kumuliert über weitere 47 Mio. EUR. Das bedeutet für die mittelfristige Finanzplanung weiterhin das Risiko der Haushaltssicherung – das sind angesichts einer aufgezehrten Ausgleichsrücklage durchaus beunruhigende Zahlen.

Beruhigend dagegen scheint die Aussicht, dass nach 2024 mit einer Kreditaufnahme zur Liquiditätssicherung in Höhe von 21 Mio. EUR, die sich im kommenden Jahr wohl ähnlich darstellt, ab 2026 die prognostizierte Kreditaufnahme zur Deckung des Finanzmittelfehlbetrags etwa halbieren wird.


Gründe dafür sind die eingangs erwähnten hohen krisenbedingten Aufwendungen, aber auch die richtigen und wichtige Tarifabschlüsse, bei gleichzeitig sinkenden Steuereinnahmen bedingt durch die ungewohnte konjunkturelle Abschwächung. Dazu kommt die dauerhafte Unterfinanzierung der Kommunen durch weitere nicht kompensierte Aufgabenzuweisungen von Land und Bund. Immerhin gibt es aber auch Positives zu berichten und wir begrüßen die höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten für Geflüchtete.


Auch der Wegfall der Isolation corona- und kriegsbedingter Belastungen wirkt sich verschärfend aus. Wobei, und darauf habe ich in meiner Haushalts-Rede im letzten Jahr schon hingewiesen, diese „Bilanzierungshilfe“ hat zwar zum Erhalt der finanziellen Handlungsfähigkeit in diesem Jahr und einer Aufstockung der Ausgleichsrücklage geführt, die Belastungen wurden mit diesem Instrument aber lediglich verschoben und sind keine echte und dauerhafte Finanzhilfe. Zu beobachten ist in der Mittelfristplanung ein Rückgang des Eigenkapitals auf 11,6 Mio. EUR im Jahr 2027.


Als Fraktionen im Rat der Stadt Datteln haben uns selbst eine hohe Haushaltsdisziplin auferlegt. Wir haben jenseits der pflichtigen Aufgaben proaktiv nach Einsparpotenzialen gesucht, Gespräche geführt, um Kompromisse gerungen und waren bereit, Einschnitte auch bei für uns wichtigen Themen vorzuschlagen. Das zeugt von verantwortlichem politischem Handeln und nicht, wie der Politik oft vorgeworfen wird, von ideologischer Realitätsverweigerung.


Und trotz der schwierigen Finanzlage haben wir aus eigener Kraft die Haushaltssicherung vermieden und dennoch in relevanten Bereichen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Die Aussetzung der Nutzungsgebühren für die Vereine des Stadtsportverbands am heutigen Tag ist das Signal an unsere Bürgerschaft, dass wir auch in Anbetracht der finanziellen Lage unser Mandat zur Gestaltung der kommunalpolitischen Wirklichkeit als gewählte Ratsvertreter ernst nehmen und im Sinne der Dattelnerinnen und Dattelner verantwortlich handeln.

Kinder und Bildung sind unsere Zukunft und haben oberste Priorität. Gerade hier gilt es, zu investieren. Das städtische Investitionsprogramm in Kindertagesstätten, Schulen, Offener Ganztag und Musikschule zieht sich wie ein roter Faden durch den Investitionsplan der Jahre 2022 bis 2024. Insbesondere den Herausforderungen der Digitalisierung wird hier Rechnung getragen: Je 1,3 Mio. EUR sind als Eigenanteil für den Digitalpakt NRW sowie weitere Investitionen in EDV und Software veranschlagt. Am Städtischen Bewegungskindergarten wird angebaut, die Dependance des Gymnasiums erweitert. Schulhöfe werden neu gestaltet, Spielgeräten ersetzt. Dass hier bereits Klimaanpassung mitgedacht wird, findet unsere ausdrückliche Zustimmung.


In diesem Sinne werden auch Gründächer auf städtischen Gebäuden erstellt bzw. überbaut, Photovoltaikanlagen errichtet. Klimaschutz und Zukunftsaufgaben werden hier mitgedacht. Dies alles sind wahrlich keine Durchbrüche, aber wir verharren nicht im Stillstand. Bis ein „gordischer Knoten“ durchschlagen wird, liegen vor uns weiter mühevoll zu bewältigende, oft kleinteilige Aufgaben, vor denen wir nicht die Augen verschließen dürfen. Will diese Stadt für die klimatischen Bedingungen der Zukunft gewappnet sein, bedarf es mehr als zweier Windräder und ein paar PV-Anlagen auf öffentlichen Dächern. Die Stadt muss umgestaltet werden: Schattenplätze, Abkühlungsmöglichkeiten, aber auch Maßnahmen gegen Überflutung sind unumgängliche To-Do’s der nächsten Jahre. Wir werden mit Anträgen in diese Richtung, auch wenn es jeweils nur kleine Schritte sind, nicht locker lassen.



Im Bereich Personal sind die Ansätze der Verwaltung weiterhin maßvoll. Es finden sich minimalinvasive Eingriffe in den Stellenplan, bei dem Stellen einen anteiligen kw-Vermerk aufweisen, nach Möglichkeit plant die Stadt mit ku-Widmungen. Das sind richtige und gute Schritte, die wir ausdrücklich begrüßen!


Zukunftsinvestitionen sind aber auch Investitionen in die Mobilitätswende. 330.000 EUR fließen in das Radwegenetz im Stadtgebiet, 75.000 EUR sind für eine Mobilitätsstation auf dem Neumarkt veranschlagt. Dazu kommen Umgestaltungsmaßnahmen am Kanalufer, die laufenden Projekte des Vorplatzes der Stadthalle und des Boulevards Hafenstraße. Aber auch zukünftige Projekte wie die Umgestaltung von Hohe Straße, Tigg und Neumarkt sowie des Rathausparks finden ihren Platz in der Investitionsliste.

Wir freuen uns, dass unsere politischen Anträge im vergangenen Jahr mitunter eine breite Zustimmung gefunden haben und wir neben den Pflichtaufgaben mit zusätzlichen freiwilligen Leistungen unsere Bürgerinnen und Bürger in dem aktuellen Dauerkrisenmodus unterstützen können – wenn auch nicht immer im gewünschten Maß und Umfang.


Wir senden damit als Kommune, dem Ort, an dem für die Menschen politisches und staatliches Handeln direkt erlebbar ist, ein deutliches Zeichen der Gemeinsamkeit und Verlässlichkeit. Vor dem Hintergrund abnehmenden Vertrauens in Politik und Staat bei gleichzeitiger Zunahme rechter Polemik ist dies umso wichtiger. Leider verfangen bei immer mehr Menschen populistische und vermeintlich einfache Parolen, die allerdings selten lösungsorientiert sind.


Aber natürlich zeigen sich in den Beratungen auch unterschiedliche Ansätze. Das betrifft zum einen die Feuerwehr- und Rettungsplanung. Neben der Anschaffung von Fahrzeugen des Rettungsdienstes, die zur Erfüllung der Aufgaben natürlich selbstverständlich sind, gilt es langfristig auch den Rettungsbedarfsplan im Auge zu behalten. Hier ist nicht überstürztes Handeln im Panikmodus gefragt, sondern sorgfältiges Planen und Abwägen. Wir werden für den etwaigen Neubau einen Platz finden, die dafür nötigen Schritte raten wir allerdings mit Bedacht, im angemessenen Umfang und zum richtigen Zeitpunkt zu beschreiten.

In einer wachsenden Stadt nehmen die Aufgaben zu, gerade in den pflichtigen Bereichen wie der Feuerwehr, den Kitas und Schulen, aber auch in den für Migration und Geflüchtete zuständigen Ämtern.

Wir sind uns bewusst, dass wir uns nicht nur aufgrund der Verschlechterung der Finanzlage mit den Personalkosten beschäftigen müssen, sondern auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Es fehlen nicht nur Arbeits- und Fachkräfte in den Kitas und Schulen, in der Pflege, im Handwerk, im Handel und in der Industrie, auch in der Verwaltung können zentrale Stellen von Mitarbeitenden mit nicht immer durchgängig besetzt sein. Für wieder andere Stellen läuft die Förderung aus und ggf. können die Mitarbeitenden nicht Weiterbeschäftigung werden. Das sind Probleme in der Personalplanung, die weitsichtiges Handeln erfordern.


Dazu müssen wir angesichts der sich abzeichnenden Verrentungswelle die Motivation der vorhandenen Mitarbeitenden deutlich stärker in den Mittelpunkt rücken. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Arbeit im öffentlichen Dienst dem Gemeinwesen und letztlich dem Gemeinwohl dient und entsprechenden Respekt verdient. Das ist umso wichtiger, da – wie zuvor schon angedeutet – aktuell nur noch 27 Prozent der Bürgerinnen und Bürger davon ausgehen, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen und sich das Verhalten gegenüber den Beschäftigten deutlich verschlechtert hat.


Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung ein wichtiges Instrument ist, um Verwaltungsprozesse effizienter, schneller und besser zu machen. Perspektivisch können Stellen dadurch sicherlich ersetzt werden. Aber wie ich aus eigener beruflicher Erfahrung weiß, benötigen digitale Transformationsprozesse in der Einführung – und das trifft umso mehr auf unsere große Verwaltungseinheit zu – mehr Personal und auf Dauer besser ausgebildete und damit teurere Fachkräfte.


Darüber hinaus möchte ich betonen, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, so schnell wie möglich klimaneutral und resilienter zu werden. Und das unabhängig davon, wie schwierig die Haushaltslage ist. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, aber vor allem den nachfolgenden Generationen schuldig!


Finanziell betrachtet, werden Klimaanpassungsmaßnahmen und die Bewältigung der Folgekosten deutlich teurer als die Finanzierung einzelner Maßnahmen. Die als Extremwetter beschriebenen Phänomene sind nicht länger extrem; sie sind auf dem Weg, Normalität zu werden. Das zeigen Hitze, Dürre, massive Waldbrände und Starkregenereignisse allerorten. Auch wenn wir an keinem großen Fluss leben, zeigen uns allein die zuletzt im Dezember überflutende Lippe und auch kleinerer Gewässer wie der Mühlenbach regelmäßig die Folgen von Hochwasser auf. Die Hochwasserereignisse an den Weihnachtstagen des vergangenen Jahres waren da sicher nur ein Vorgeschmack, was zukünftig auf uns zukommen kann. Studien zufolge hat der von Menschen gemachte Klimawandel in Deutschland seit 2000 jedes Jahr Schäden von durchschnittlich 6,6 Mrd. EUR verursacht. Und da sind die nicht-bezifferbaren Schäden durch den Verlust der Biodiversität noch nicht einmal enthalten.


Der Handlungsdruck ist immens. Und darum freue ich mich besonders, dass wir, im Gegensatz zu anderen Kommunen, mit der kommunalen Wärmeplanung deutlich schneller sein werden. Die Ergebnisse werden bereits in wenigen Monaten vorliegen.

Dann ist zu entscheiden, welche Maßnahmen wir umsetzen können und müssen. Wir wissen aber jetzt schon, dass die Umsetzung der Wärmeplanung eine große finanzielle, aber alternativlose Herausforderung ist.

Meine Damen und Herren,

im letzten Jahr habe ich an dieser Stelle die Hoffnung geäußert, dass wir bei der Bewältigung der genannten – nicht selbst verschuldeten – Auswirkungen der Krisen von Bund und Land nicht allein gelassen werden. Ich fürchte nun, dass diese Unterstützung so schnell nicht kommen wird. Und auch wenn wir als Grüne im Land und im Bund mitregieren, kann ich konstatieren, dass diese Entwicklung besorgniserregend ist: Die kommunale Finanzierung ist in deutlicher Schieflage.


Der Haushalt des Bundes liegt zwar mittlerweile vor, aber allein die zu erwartenden unabsehbaren Risiken, die das Wachstumschancengesetz für die Kommunen bringen kann, beunruhigen die kommunalen Spitzenverbände.

Das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz des Landes liegt vor. Die dort vorgesehenen Erleichterungen für finanziell Not leidende Kommunen mögen zwar die Risiken einer Haushaltssicherung reduzieren. Aber es ist nicht die dringend benötigte finanzielle Strukturhilfe.


Ein weiteres erhebliches Risiko birgt die Zinspolitik. In mehreren Zinsschritten hat die Europäische Zentralbank die Zinsen deutlich angehoben. Das hat massive Auswirkungen auf alle variabel verzinsten, neu aufzunehmenden und zur Umschuldung anstehenden Liquiditäts- und Investitionskredite. Sollte es dem Land nicht gelingen, wirkliche Finanzhilfen zu leisten, werden sich die Zinsbelastungen und damit die Zunahme der Verschuldung weiter negativ auf unseren städtischen Haushalt auswirken.


Auch sehen wir am Horizont für 2025 die Reform der Grundsteuer, die nach jüngsten Berechnungen der Verwaltung die städtische Kasse voraussichtlich in Höhe von 1 Mio. EUR belasten wird. Neben diesen, von uns ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen nicht direkt beeinflussbaren Faktoren, müssen wir die in unserer Verantwortung liegenden Aufgaben weiter besonnen beobachten, bedacht planen und letztlich priorisieren.


Besonderer Dank gilt dem Kämmerer Herrn Stümpel und seinem engagierten Team. Die Einbringung und Aufstellung des Haushaltes war in diesem Jahr sicherlich eine besondere Herausforderung. Sie wurde auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen – wie immer – gewissenhaft und zuverlässig sichergestellt. Danke dafür.

Kommen wir nun zum Wesentlichen:

Gegen unsere Stimmen wurde im vergangenen Jahr der Bebauungsplan 100 beschlossen. Damit wurde ein Jahrzehnte währender Prozess um die Industrialisierung der Rieselfelder auf eine neue Eskalationsstufe gehoben. Der Wählergemeinschaft Die Grünen muss für sich selbst konstatieren, dass ein zentrales politisches Ziel auch mit noch so guten Argumenten nicht verhindert werden konnte. Aber nicht nur gegen unseren Willen, auch in Missachtung der Produktivität ortsansässiger Landwirtschaft wurde die endgültige Verdichtung und Unbrauchbarmachung von mehreren 100 Hektar fruchtbarem Ackerboden beschlossen. In Zeiten von insbesondere knapp werdenden Agrarflächen ist das ein bemerkenswertes Zeichen, das dieser Rat damit gesetzt hat. Die Verwaltung der Stadt Datteln und die Ratsmitglieder berufen sich auf einen LEP, der dort flächenintensive Großvorhaben von landesweiter Bedeutung verortet. Dass dieser LEP gerade im Schwange ist, überarbeitet zu werden, scheint für Ihre Entscheidung von hintangestelltem Rang zu sein. Oder war es genau der Grund, warum der Bebauungsplan 100 auf Biegen und Brechen noch im vergangenen Jahr beschlossen und im Bundesanzeiger veröffentlicht werden musste? Wie auch immer, wir als Wählergemeinschaft Die Grünen haben bei Zeiten auf die Schwachstellen des Bebauungsplans hingewiesen. Ich werde das jetzt nicht wieder ausführen, uns allen bleibt nur abzuwarten, wie Gerichte entscheiden, denn mittlerweile ist ja bereits die zu erwartende Klage des BUND anhängig. Wir werden sehen wie es weitergeht; nur eines ist klar – und das wird auch in dieser Fraktion zugestanden: Eine 0-Lösung wird es für die Rieselfelder nach der Aufstellung des Bebauungsplans nicht mehr geben, irgendetwas wird sich in jedem Fall ändern. Die Frage ist dementsprechend, was ist die ökonomisch und ökologisch verträglichste Lösung, die nun dort umgesetzt werden wird. Der BUND hat selbst den beachtlichen Vorschlag in die Debatte eingebracht, einen Energiepark mit Agrivoltaik-Flächen dort zu verwirklichen. Wie wir finden, ist das ein geeigneter Kompromiss, aus ökonomischer Motivation heraus die Flächen gewinnbringend zu bewirtschaften, andererseits aber auch den ortsansässigen Bauern Flächen zu belassen, die sie dringend für die Erzeugung ihrer landwirtschaftlichen Produkte benötigen. Die Wählergemeinschaft hat bereits ihre Zugeständnisse eingesehen, denn unser Maximalziel war schließlich die Verhinderung jeglicher Umwidmung des Geländes.


Für all das hat weder der Bürgermeister Interesse, noch kann ich bislang ein ernsthaftes Suchen eines pragmatischen Kompromisses der hier und im Kreistag vertretenen Fraktionen erkennen. Ihres Verständnisses sind wir uns gewiss, dass wir diese Politik nicht mitgehen werden. Lieber setzen Sie offensichtlich auf weitere langwierige Prozesse, Außerkraftsetzungen und Neuaufstellungen des Bebauungsplans als im Sinne einer beherzten Energiewende hier in Datteln, wo die Bedingungen eines Energieparks vor allem in der ab 2030 anstehenden Abwicklung von Datteln 4 bestens gegeben sind. In unmittelbarer Nähe liegen die entsprechenden Leitungen, um den Strom abzutransportieren, der gewünschte Wasserstoffstandort käme uns ein gutes Stück entgegen. Aber so sehen Sie das eben nicht – und deshalb werden wir der Haushaltsplanung auch nicht zustimmen, bei dem wieder dringend an anderen Stellen benötigte Steuergelder fließen und – und das ist geradezu das meist Verheerendste – die zeitlichen Ressourcen der entsprechenden Abteilungen in der Verwaltung noch weitere Jahre gebunden werden. Zugegeben, die Brachflächen der Zeche Emscher-Lippe zu entwickeln ist kein leichtes Unternehmen, aber es eben gar nicht erst anzufangen, weil man die Stadtplanung auf Jahrzehnte für Datteln 4 und den NewPark bindet, ist fahrlässig.


Wo könnten wir heute stehen, wenn die Stadt die Entwicklung der Zechenflächen nur bei Zeiten angegangen wäre? Herne hat seine Akademie Mont Cenis, Hamm seinen Maxi-Park, in Bochum finden wir ein Bergbau-Museum, in Essen Zeche Zollverein. Annähernd jede vom Strukturwandel im Ruhrgebiet betroffene Stadt hat ihre Nische gefunden, bei dem sie eine ihrer durch Zechenschließungen freigewordenen Brachflächen eingebracht hat. Leuchtturmprojekte, die alle irgendwann von den jeweiligen Städten angegangen wurden, weil man einfach den Mut hatte, etwas zu wagen, was nicht mit Industrie zu tun hat, nach Kohle, Eisen, Feuer, Schweiß und harter Arbeit riecht. 9000 Arbeitsplätze sind jeweils dort wohl nicht entstanden, aber es ist etwas entstanden, was Zukunft und Hoffnung bedeutet. Das wollen wir ändern, wir fordern eine nachhaltige, zukunftsweisende Entwicklung der brachliegenden und zukünftig noch aus der bisherigen Nutzung zurückfallenden Flächen im Stadtgebiet. Wenn der Bürgermeister unsere Zustimmung zum Haushalt wünscht, muss er eigentlich nur eine Politik in dem Sinne betreiben, dass sie nachhaltig, zukunftsfähig, oder – neudeutsch gesagt – enkelfähig ist.


Wir lehnen wie in den letzten Jahren den Haushalt 2024 ab.

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