Begrenzung des Imageschadens

BEGRENZUNG DES IMAGESCHADENS
27.12.2017

Westfleisch sucht Fleischer, Kraftfahrer, Azubis und Produktionshelfer

Müssen wir die Werbekampagne der Firma Westfleisch Oer-Erkenschwick ernst nehmen, die über Anzeigen und begleitende Zeitungsartikel bis zu 600 neue Mitarbeiter für den Standort Hübelkamp sucht. Kurz vor Weihnachten lassen sich der Geschäftsführer der Firma, die Personalchefin und der Prokurist vor den firmeneigenen Werbebannern fotografieren, auf denen das Unternehmen verspricht: „Wir stellen ein! Sofort!“ Und Bernhard Kotthoff, der Westfleisch-Geschäftsführer, ergänzt: „Wir setzen dabei vozugsweise auf Menschen aus der Region.“ So konnte man es zumindest am 22.12. in der Stimberg Zeitung lesen.
Echte Umkehr oder Lippenbekenntnis?
Oder versucht die Geschäftsführung nur, das ramponierte Image der Firma aufzupolieren. Bereits im Wilsberg-Krimi „MünsterLeaks“ Anfang Dezember werden den Fernsehzuschauern Bilder aus einem örtlichen Schlachtbetrieb namens „Bestfleisch“ gezeigt: Wilsberg trifft dort auf eine große Anzahl rumänischer Billigarbeiter, die über einen Subunternehmer beschäftigt sind. Den Bestfleisch-Unternehmer stellt der Detektiv zur Rede, warum er seine Angestellten unter so unwürdigen Bedingungen unterbringen lässt. Auch im Film versucht die Geschäfsführung Imageschaden zu begrenzen, indem sie die Zusammenarbeit mit dem Subunternehmer sofort beenden: Die Geschäftsführung erklärt bei dem allgemeinen öffentlichen Interesse, dass „Bestfleisch“ künftig seine Arbeitskräfte wieder selbst einstellen wolle.

6,42 Millionen Zuschauer haben diese Folge gesehen, das sind für einen der größten Fleischvermarkter in Deutschland und Europa namens „Westfleisch“ 6,42 Millionen Zuschauer zu viel, bei denen die Assoziation „Bestfleisch“ mit ihrem Firmennamen die Alarmglocken klingen lassen.

Was hat diese fiktive Krimi-Geschichte aus Münster mit der aktuellen Kampagne der Firma Westfleisch in Oer-Erkenschwick zu tun?

Unbestritten ist Folgendes: „Aktuell hat das Unternehmen Westfleisch Erkenschwick am Standort Hübelkamp 1200 Mitarbeiter. Die Hälfte von ihnen ist über sogenannte Werkverträge beschäftigt. Viele von diesen Mitarbeitern kommen aus Osteuropa.“

Reaktion auf Wilsberg-Krimi
Jetzt also verspricht Westfleisch – möglicherweise aufgeschreckt durch die Darstellung der Arbeits- und Lebensbedingungen der „Bestfleisch“-Mitarbeiter im Wilsberg-Krimi –, die neu zu schaffenden Arbeitsplätze in Oer-Erkenschwick in Kooperation mit dem Jobcenter mit Arbeitssuchenden aus der Region zu besetzen. Dabei ist es der Geschäftsführung besonders wichtig zu betonen, dass die neuen Mitarbeiter nicht von einem Subunternehmer beschäftigt werden, sondern dass sie Angehörige des Konzerns werden. Außerdem: Die Entlohnung erfolge nach den jeweils gültigen Tarifsummen der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten.

Ein Schelm, wer sich da verwundert die Augen reibt.

Was ist, wenn das Unternehmen diese Arbeitskräfte bzw. diese „Menschen mit einer niedrigen Qualifikation“ - wie sie von der Westfleisch-Personalchefin Eva Huhn bezeichnet werden - nicht auf dem hiesigen regionalen Arbeitsmarkt findet?

Werden die bereits jetzt bei Westfleisch beschäftigten ausländischen Mitarbeiter dann auch einen Tarifvertrag direkt vom Unternehmen erhalten?

Kann Westfleisch Tariftreue?
Oder ist diese kurz vor Weihnachten gestartete Kampagne nur ein großes Ablenkungsmanöver, um den Kritikern in der heimischen Bevölkerung am Ende zu verdeutlichen: Seht, wir haben es ja versucht, aber auf dem regionalen Markt haben wir leider keine geeigneten Mitarbeiter finden können. Notgedrungen müssen wir weiterhin auf arbeitswillige Menschen aus Osteuropa zurückgreifen, um unseren Bedarf an Fleischern, Kraftfahrern und Produktionshelfern im expandierenden Oer-Erkenschwicker Betrieb abzudecken.

Da die physisch harte und psychisch belastende Arbeit in den Schlachtfabriken der Firma Westfleisch im Wesentlichen von Arbeiterinnen und Arbeitern in schlecht bezahlten, prekären Verhältnissen ausgeführt wird, ist zu befürchten, dass sich kaum Arbeitskräfte aus der Region finden, die diese Arbeit machen wollen. Und so wird die Not der Menschen in Rumänien, Bulgarien etc. ausgenutzt, für die die bescheidene Entlohnung hier in Deutschland dennoch reizvoll ist. Für diese Menschen mehr soziale Verantwortung zu übernehmen, dafür gibt es jedoch – trotz aller anderslautenden Versprechen – in den meisten großen Unternehmen nur wenig Interesse.
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